Wieso Schreiben einsam machen kann

„Das weiß doch jeder!“ Kennst du das? Du schreibst einen Artikel, einen Fachbeitrag oder auch ein Buch und mittendrin überlegst du, ob das überhaupt Sinn hat, was du da machst.
„Das sind doch Gemeinplätze, das weiß doch jeder! Wieso sollte ich das überhaupt erklären?“

Wenn du Expert:in bist und diese Gedanken öfter hegst, kann es dir passieren, dass du letzten Endes statt eines Sachbuches für Ihre Klient:innen eine Diplomarbeit schreibst, die für deine Zielgruppe nicht verständlich ist.

Und dann? Dann hast du vermutlich die Bestätigung: Bringt ja eh nichts!

Doch es geht auch anders. Wie? Lies zunächst einfach weiter – sollten dann noch Fragen offen bleiben, dann müssen wir reden, du und ich.

Der Fluch des Wissens

Im Buch „Made to stick“ beschreiben die Brüder Dan und Chip Heath ein Phänomen, das sie „Curse of Knowledge“ nennen, also den Fluch des Wissens. Wir gehen immer davon aus, dass andere den gleichen Wissensstand haben wie wir. Wir können uns nur schwer vorstellen, dass vieles für unser Gegenüber neu ist und wir es erst erklären müssen, damit es verstanden wird.
Dieser „Fluch“ hat natürlich Auswirkungen darauf, wie wir kommunizieren.

Entweder kommunizieren wir zu wenig („Das weiß doch jeder!“) oder zu viel. Indem wir nämlich Fakten, Theorien und Studien einbauen, um unser Wissen zu belegen oder gar zu rechtfertigen.

Dadurch aber wird unsere Botschaft für das Gegenüber oft zu komplex.

Keep it simple!

Viele Expert:innen sind davon überzeugt: Ich muss wichtig klingen, um wichtig zu sein! Aber wie so oft im Leben ist auch hier das Gegenteil wahr. Je barrierefreier du dich ausdrückst, je zugänglicher also dein Expert:innenwissen für andere ist, desto besser ist es. Für dich, für den Erfolg deines Buches und für deine Leser:innen.

Denn nur so können sie einen wahren Nutzen aus deinem Buch ziehen.

Hochgestochene Fachausdrücke sind vielleicht für deine Kolleg:innen wichtig, aber diese sind es wahrscheinlich nicht, die dein Buch lesen sollen. Deine Kolleg:innen sind es nicht, die dich beauftragen, bei ihnen einen Vortrag zu halten, dich als Coach buchen oder eine andere Form von Dienstleistung oder Produkt bei dir kaufen. Deine Kund:innen sind mit ziemlicher Sicherheit Menschen, die weniger Ahnung von deiner Materie haben als du selbst. Und dem solltest du idealerweise Rechnung tragen.

… aber wie jetzt?

Das klingt ja ganz gut, denkst du vielleicht. Aber wie soll ich das umsetzen? Für mich ist ja alles, was ich sage, einleuchtend.

Ja, da hast du recht. Und daher ist es sinnvoll, sich jemanden ins Boot zu holen. Keine Sorge, das muss nicht zwingend ein Ghostwriter sein (obwohl diese Lösung schon große Vorteile bietet, wie z. B., dass du dich um die Ausformulierung nicht kümmern musst). Es reicht schon, wenn du einen Schreib-Buddy hast. Jemanden, der dir nicht so nahesteht wie ein:e Partner:in und jemand, der auf keinen Fall aus deiner beruflichen Bubble kommt. Zum Beispiel deine beste Freundin. Oder jemand, der in einem anderen Fachgebiet ebenfalls ein Buch schreibt. In letzterem Fall könnt ihr euch sogar gegenseitig unterstützen, indem ihr die Texte des jeweils anderen querlest und anzeichnet, was ihr nicht versteht oder wo euch die Klarheit für Laien fehlt.

Aber Achtung: Ich rate dir nicht, auf ein Lektorat/Korrektorat zu verzichten – es geht rein um die Inhalte, Fachausdrücke und Erläuterungen!

Beispiel gefällig? Ich lese gerade „How not to diet“ von Dr. Michael Greger. Ein grandioses Buch! Hätte er sich allerdings erspart, immer wieder anzumerken, dass die Studien randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudien seien, würde sich das gute Werk nicht nur flüssiger lesen, sondern wäre auch um die Hälfte kürzer. ;-)

Natürlich ist es wichtig, die Seriosität von Studien nachzuweisen – aber das muss sich nicht zwingend im Fließtext wiederfinden. Gerade, wenn ein Buch für eine breite Leserschaft geschrieben ist, darf es auch einfacher sein. Und jene, die genau wissen wollen, wie eine Studie durchgeführt wurde, haben die Möglichkeit, dies im Anhang des Buches nachzuschlagen.

Wem soll mein Buch denn nun etwas bringen?

Nun, jedes Buch hat idealerweise zwei Nutzen.

Einen für die Autor:innen, und einen für die Leser:innen.

Und diese Nutzen überschneiden sich maximal teilweise.

So kann der Nutzen Ihres Buches für dich auf einer rein wirtschaftlichen Ebene liegen, oder aber auf einer persönlichen Ebene.

Vielleicht möchtest du dich (in einem neuen Markt) positionieren und deinen Expert:innenstatus ausbauen, vielleicht möchtest du mehr Kund:innen gewinnen, Vorträge und Workshops füllen u.v.m.

Möglicherweise möchtest du dir aber auch selbst ein Denkmal schaffen, etwas für die Nachwelt zurücklassen, eine Methode erhalten, die du entwickelt hast.

Deine Leser:innen könnten z. B. einen Nutzen daraus ziehen, dass sie durch dein Buch neue Erkenntnisse bekommen, sich gut unterhalten fühlen oder ein grundlegendes Bedürfnis decken (nach Sicherheit, Gesundheit, …).

Im Idealfall werden beide Seiten zu ihrem Recht kommen, denn nur dann ist das Buch im landläufigen Sinne erfolgreich – unabhängig von Bestsellerlisten und Verkaufszahlen.

Bevor du startest …

… überleg dir bitte noch Folgendes:

  • Für wen schreibst du?
  • Was sollen diejenigen davon haben, dass sie dein Buch lesen?
  • Und wie möchtest du selbst von deinem Buch profitieren? Warum schreibst du es?
  • Wer kann dich dabei unterstützen, die Sprache deiner Zielgruppe zu treffen?

Wenn du diese Fragen geklärt hast, dann schieß los!

Und sollten noch Fragen offen geblieben sein, dann freu ich mich auf deine Rückmeldung!

Ich wünsche dir viel Erfolg!